Vom flüchtigen Glück und tiefer Zufriedenheit

April 10th, 2019

Vierblättriges Kleeblatt

Heute möchte ich mich einem Thema widmen, das für uns alle sehr wichtig ist: Glück. Ich möchte darüber schreiben, was Glück ist und wieso es für uns von Vorteil sein kann, ihm nicht hinterherzujagen oder es festhalten zu wollen.

Glück

Sind Sie eigentlich glücklich? Glück heißt: Wir sind am Ziel unserer Träume angekommen. Biologisch betrachtet bedeutet Glück eine Ausschüttung von bestimmten Neurotransmittern wie Dopamin, Oxytocin, das allseits bekannte Serotonin und die Endorphine. Wir spüren ein Kribbeln im Körper, fühlen uns unbeschwert, könnten förmlich Bäume ausreißen oder die ganze Welt umarmen. Am liebsten würden wir uns immer so fühlen. Oder zumindest oft.

Und deswegen:

  • kaufen wir uns immer wieder neue, teure Dinge,
  • schreiben wir Kontaktanzeigen, um den perfekten Partner zu finden,
  • bekommen Kinder, denn Kinder bedeuten Glück (oder?),
  • bauen unser Traumhaus,
  • studieren, um unseren Traumjob ergattern zu können und ein stattliches Gehalt zu bekommen,
  • spielen Lotto, um den Jackpot zu knacken,
  • machen eine Diät und gehen ins Fitnessstudio
  • oder unterziehen uns vielleicht sogar operativen Eingriffen, um (vermeintliche) körperliche Mängel zu beseitigen und unseren Traumkörper zu bekommen.

Denn wir glauben: Wenn wir diese Ziele erreichen, werden wir dauerhaft glücklich sein.

Am Ziel unserer Träume: Endlich glücklich! (Foto: Pixabay)

Ich möchte hier nicht der Spielverderber sein, aber an dieser Stelle gibt es leider ein paar Probleme:

1. Glück lässt sich nicht erzwingen.

Wir denken gern, dass, wenn wir endlich den Job bekommen, den wir gerne haben wollen, wenn wir unser Wunschgewicht erreicht haben, wenn wir unseren Traumpartner geheiratet haben, ein Haus gebaut, Kinder bekommen haben – oder was immer es ist, dass Ihnen im Kopf herumschwirrt – wir dann endlich glücklich sind. Und oft stimmt es auch: Wenn wir unser Ziel erreicht haben, sind wir selig. Allerdings gibt es dafür keine Garantie. Und ganz oft ist unser Glücksgefühl gar nicht so groß, wie wir das im Vorfeld erwartet hatten.

Man kann dem Glück den Boden bereiten, aber erzwingen kann man es nicht. Es entsteht von ganz allein – und vielleicht sogar eher, wenn wir es gar nicht erwarten. So wie man nicht auf Kommando fröhlich oder traurig sein kann, so kann man auch nicht einfach so glücklich sein. Auch wenn die äußeren Umstände vielleicht gerade perfekt sind.

2. Glück lässt sich nicht festhalten.

Wie ich bereits in der Überschrift andeutete: Glück ist flüchtig. Vielleicht ist Ihnen das selbst schon mal aufgefallen, wenn Sie sich etwas Schönes gekauft haben, das Sie unbedingt haben wollten. Im ersten Moment waren Sie vielleicht sehr glücklich, aber schon nach ein paar Tagen war das Gefühl bereits wieder schwächer. Und nach einer Weile haben Sie sich wieder gefühlt wie immer.

Studien zeigen: Das Glücksgefühl lässt wieder nach. Selbst Lottogewinner sind nach einer Phase der Euphorie wieder auf dem Stimmungsniveau von vor dem Lottogewinn. Und wenn Sie schon mal verliebt waren, dann wissen Sie: Auch das hält nicht ewig an.

Das ist nicht nur normal, sondern auch gesund. Auf körperlicher Ebene würde es unser System einfach erschöpfen, wenn uns immer euphorisch fühlen würden. Und psychologisch betrachtet brauchen wir den Kontrast zwischen angenehm und unangenehm, um Gefühle überhaupt unterscheiden zu können. Ein Gefühl, das immer „an“ ist, hat keinen Informationswert mehr für unser Gehirn, weswegen es heruntergeregelt wird. Darum empfinden die anfangs tolle neue Situation mit der Zeit als selbstverständlich.

3. Das Streben nach Glück kann unglücklich machen.

Ja, Sie lesen richtig: Wenn unser Ziel ist, uns glücklich zu fühlen, erreichen wir damit eher das Gegenteil. Denn wir malen uns dann ständig eine Situation aus, die gerade nicht ist, und das macht unzufrieden. Wir fühlen uns tatsächlich am wohlsten, wenn wir uns im Hier und Jetzt befinden, nicht nur körperlich, sondern auch emotional und geistig. Und auch, wenn wir eines unserer Ziele erreichen und sich dann nicht das erwartete Glücksgefühl einstellt, sind wir unzufrieden. Oder wenn es sich zwar einstellt, aber dann nach einer Weile wieder nachlässt. Wie viele Partnerschaften sind wohl schon an dieser Enttäuschung zu Bruch gegangen? Wie viele Menschen sind deswegen in die Drogensucht geschlittert oder haben ihr gesamtes Geld ausgegeben?

Interessant ist auch, dass die Menschen heutzutage angeben, eher unglücklicher zu sein als vor fünfzig Jahren. Und das obwohl wir heute einen größeren materiellen Wohlstand als damals haben. Aber es gibt eben auch viel mehr, das wir noch haben könnten. Wir sehen in den sozialen Medien und im Fernsehen viel mehr Menschen als früher, die schöner, schlanker und reicher sind als wir. Und das macht unglücklich.

Ein anderer Umgang mit dem Glück

Soll man jetzt also gar keine Ziele mehr haben und nur noch so vor sich hinleben?

Nein. Wenn Ihre Träume und Ziele Sie im Hier und Jetzt beflügeln und motivieren, dann hat das ja nichts damit zu tun, nach etwas zu streben, das nicht ist. Sondern dann bewirken diese Träume und Ziele ja, dass Sie sich in der Gegenwart gut fühlen. Erwarten Sie aber vielleicht nicht, dass Sie, wenn Sie irgendwann am Ziel angekommen sind, sich plötzlich und für immer unbeschreiblich glücklich fühlen werden. Und seien Sie sich vielleicht auch bewusst, dass weniger oft mehr ist. Natürlich gibt es gewisse Umstände, unter denen man sich glücklicher fühlt als unter anderen. Sie brauchen dafür aber nicht eine Million Euro Jahreseinkommen, zwölf Wintermäntel, eine große Villa oder den perfekten Partner. Denn alle machen Sie nachweislich nicht (dauerhaft) glücklicher als ein solides Einkommen, eine Handvoll gut sitzender Kleidungsstücke, eine angenehme Wohnung oder ein ganz normaler Partner.

Ein guter Umgang mit dem Glück ist vielleicht, es wie einen wirklich sehr netten, aber etwas unzuverlässigen Bekannten zu behandeln, der sich nur ab und zu mal meldet und immer wenig Zeit hat: Es ist schön, wenn er da ist und man etwas zusammen unternimmt, aber man sollte vielleicht nicht ständig zu Hause hocken, auf das Telefon starren und auf seinen Anruf oder seine Nachricht warten.

Man kann sich also natürlich freuen, wenn sich Glücksgefühle einstellen und diese genießen, aber man sollte vielleicht nicht sein ganzes Leben und seinen gesamten Fokus darauf ausrichten.

Nun habe ich Sie vielleicht ein wenig desillusioniert. Und wenn Sie sich gerade nicht wohlfühlen, fragen Sie sich vielleicht, ob das jetzt für immer so sein wird – von ein paar kurzen glückliche Phasen mal abgesehen. Und Ihre Frage ist absolut berechtigt.

Zufriedenheit

Ich glaube, dass es einen dritten Weg gibt neben dem stetigen Streben nach Glück und der Resignation: Die Zufriedenheit. Im alltäglichen Sprachgebrauch werden Glück und Zufriedenheit mitunter synonym verwendet. Es gibt aber einen kleinen, feinen Unterschied: Zufriedenheit bedeutet nämlich, dass wir nicht nach etwas streben, das wir (noch) nicht haben, sondern mit dem, was wir im Augenblick haben, einverstanden sind. Sie kommt vielleicht nicht so überschwenglich und überschäumend daher wie das Glück, sondern eher auf leisen Sohlen. Aber sie hat einige Vorteile:

1. Zufriedenheit kann sich sofort einstellen

Zufriedenheit orientiert sich am Hier und Jetzt.

  • Sie fragt nicht: Was soll anders sein?
  • Sondern sie schaut: Was ist jetzt gerade?
  • Sie sagt: So wie es gerade ist, ist es in Ordnung.

Das heißt nicht, dass man resigniert und erstarrt oder nicht anerkennt, dass nicht alles perfekt und manches vielleicht sogar wirklich schlimm ist. Aber sie schaut auch, was noch alles da ist. Was vielleicht trotz allem (oder auch gerade deswegen) gut oder zumindest okay ist. Es ist wirklich selten der Fall, dass wirklich alles schlecht ist.

Sie richtet also den Blick nicht in die Zukunft, sondern schaut ganz bewusst auf die Gegenwart. Erkennen Sie den Unterschied?

2. Zufriedenheit kann bleiben

Zufriedenheit entsteht also, indem wir:

  • uns in der Gegenwart verankern, statt in die Zukunft zu schweifen,
  • wahrnehmen, statt zu bewerten,
  • annehmen, statt zu wollen.

Dadurch stellt sich automatisch, ohne dass man es beabsichtigt hat oder beabsichtigen muss, ein Gefühl der Klarheit und der Ruhe ein. Und Sie erkennen vielleicht auch, dass Sie so unabhängiger von den äußeren Umständen werden. Denn egal, was kommt, sie können es achtsam und wertungsfrei betrachten und es annehmen.

Katzen machen es uns vor: Im Hier und Jetzt zufrieden sein. (Foto: Pixabay)

Aber führt das nicht dazu, dass ich dann gar nichts mehr machen oder ändern will?

Wie gesagt: Zufriedenheit bedeutet nicht Resignation und Erstarrung. Sie führt eher dazu, dass Sie sich aktiver und motivierter fühlen, etwas zu tun, anstatt Sie zu lähmen. Denn das Tun ist ein ganz natürlicher Teil unseres Menschseins. Aber Sie werden dieses Tun vielleicht als leichter und weniger zwanghaft erleben. Sie gehen dann vielleicht joggen, weil Sie sich währenddessen wohlfühlen und nicht, weil Sie denken, unbedingt zehn Kilo verlieren zu müssen, um dann erst glücklich zu sein. Vielleicht stellen Sie auch fest, dass Joggen gar nicht Ihr Ding ist, und Sie eigentlich lieber tanzen wollen. Wer weiß… 🙂

Wenn wir also:

  • aufhören, dem großen Glück in der Ferne nachzujagen oder es krampfhaft festhalten zu wollen,
  • sondern statt dessen die kleinen und großen Glücksmomente einfach genießen, wie sie eben kommen,
  • und uns ansonsten für den gegenwärtigen Augenblick öffnen – so wie er gerade ist…

… können wir etwas gewinnen, dass in jedem Moment verfügbar ist und bleiben kann: Zufriedenheit.

Wenn Sie mehr über das Thema Glück und Zufriedenheit lesen wollen, habe ich noch zwei Buchempfehlungen für Sie:

  • Jessica Wilder: Das Einmaleins der Zufriedenheit.Ein kleines achtsames Büchlein, das diesen Post mit inspiriert hat.
  • Sonja Lyubomirksy: Glücklich sein. Wenn Sie sich dem Thema lieber von der wissenschaftlichen Seite nähern wollen, werden Sie vielleicht in diesem Buch fündig.

Wie ist das bei Ihnen? Sind sie zufrieden mit dem, was Sie haben? Oder hätten Sie gerne noch etwas mehr? Schreiben Sie es gerne in die Kommentare.

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